Medtech Love Stories
Manchmal fragen wir uns, woher Qualitätsmanager*innen in hochregulierten Bereichen wie Medizintechnik ihre Motivation nehmen. Warum stellt man sich tagtäglich all den An-forderungen, den Audits und Inspektionen?
Wir haben unsere Medtech-Fachpersonen gefragt, warum sie ihren Job machen und was sie daran lieben. Ihre Antworten lieferten Sie uns in Form von Geschichten: «Medtech Love Stories»
Susanne Wyss-Lanz
Wenn man doch das Zittern wegzaubern könnte...
Es war Ende der 90er Jahre. Bei meinem damaligen Arbeitgeber haben wir Infusions-Pumpen zur subkutanen Verabreichung von Apomorphin für die Behandlung von Parkinson-Symptomen entwickelt, hergestellt und vertrieben
Kurz zur Erklärung:
Parkinson ist eine degenerative Hirnerkrankung, die u.a. zu verlangsamten Bewegungen, Zittern und Gleichgewichtsstörungen führt.
Apomorphin ist eine Substanz, die direkt unter die Haut gespritzt wird und so sehr schnell motorische Symptome wie Zittern und Steifheit lindert. Damit können Wirkungsunregelmässigkeiten der oralen Therapie mit Tabletten ausgeglichen werden. Eine gleichmässige Wirkung der Medikamente ist für Parkinson-Patienten sehr wichtig, denn wenn in Alltagssituationen wie zum Beispiel beim Essen plötzlich die Muskeln steif werden oder Zittern einsetzt, können sie das Besteck nicht mehr halten und nicht mehr selbständig essen.
Ich war damals eine der zuständigen Produktverantwortlichen und in dieser Rolle zusammen mit KollegInnen aus Vertrieb und Medical Affairs regelmässig an themenspezifischen Fach-Kongressen präsent und wir waren auch involviert in entsprechende Studien und Schulungen. Während eines Patienten-Kongresses in Wien kam ein netter Herr in Begleitung seiner Frau zu uns an den Ausstellungsstand und sagte uns unter Tränen und Lachen, dass er aufgrund unserer Arbeit und unserer Produkte endlich wieder mehr Lebensqualität habe und wieder vermehrt an Aktivitäten des Lebens teilnehmen könne. Seine Erzählungen bei dem darauffolgenden gemeinsamen Kafi, seine Freude und Dankbarkeit haben uns alle sehr berührt und nachhaltig beeindruckt – sie sind bis heute Motivation für mein tägliches Tun.
Marcel Hinder
Genug Fleisch am Knochen? Manchmal ist der Knochen viel wichtiger!
Lange Zeit waren minimalinvasive (MIS) Hüftoperationen aus Platzgründen und wegen fehlender Instrumente nicht möglich. Dadurch musste selbst bei jungen Patienten oft bereits bei der ersten Implantation viel eigenes Knochenmaterial entfernt werden.
Das war problematisch, da bei jungen Patienten im Laufe des Lebens meist ein weiteres Implantat nötig wird und dann fehlte bereits wichtiges Knochenmaterial als Support.
Als Projektleiter und Hüftentwickler durfte ich von der Idee eines knochenschonenden Implantats mit kurviertem, unzementiertem MIS-Schaft bis zur erfolgreichen Implantation bei einer jungen Patientin mitwirken.
Zu wissen, dass wir als Team diese Versorgungslücke schliessen konnten, zeigt für mich die wahre Bedeutung und Schönheit des Medtech-Berufs.
Sandro Di Labio
Gutes ist nur dann gut, wenn es zuverlässig funktioniert
«Ich war einmal vor einer langen Zeit» als ziemliches «Greenhorn» mit einem Kollegen aus der Produktentwicklung zu Besuch in einem belgischen Universitätsklinikum. Wir hatten mit einem Produkt Qualitätsprobleme und wollten uns vor Ort ein Bild machen.
Betroffen war eine Station der Kinderonkologie und bereits der Weg zum Sitzungszimmer hat mich sehr aufgewühlt, da ich viele sehr junge Patientinnen und Patienten sah.
Umso schwieriger war es dann für mich zu sehen, dass gewisse Produkte von uns aufgrund von Herstellungsproblemen zu grösseren Schwierigkeiten in der Anwendung führten.
Zwei Dinge nahm ich mit: Mit unseren Produkten tun wir etwas Gutes. Aber wir müssen alles daransetzen, dass sie einwandfrei funktionieren.
Diese Erfahrung half mir immer wieder den Fokus zu behalten und (zumindest zu versuchen), die richtigen Dinge zu tun!
Markus Wipf
Wenn Patienten dem Hersteller ein Foto schicken
Es gab um die Jahrtausendwende in Deutschland eine Frau, die 116cm gross war. Auch solche Personen bekommen Gelenksarthrose. Nun ist das Problem, dass es für diese anatomische Dimensionen keine Gelenksimplantate ab der Stange gibt (das wären ja Kindergrössen und Kinder haben keine Arthrose :)).
Ich führte in der Zeit die Abteilung für Sonderanfertigungsimplantate bei der Plus Orthopedics und wir durften für diese Frau ein rechtes und ein linkes Knieimplantat designen und herstellen. Die Grösse war in etwa so, dass es an meinen Ellbogen gepasst hätte.
Als Dankesschreiben bekamen wir ein Foto des operierendes Arztes mit der Patientin – stehend neben dem Arzt. Es ist sehr toll, wenn der Effekt von Medizinprodukten so ein Gesicht bekommt.